„Der Tango machte mit uns, was er wollte, trieb uns herum und auseinander und dann wieder zusammen.“
Jorge Luis Borges, (1899-1986), argentinischer Schriftsteller
(orig. „El tango hacía su voluntá con nosotros y nos arriaba y nos perdía y nos ordenaba y nos volvía a encontrar“)

Ab einem gewissen Zeitpunkt macht jeder Tangotänzer unweigerlich Bekanntschaft mit diesem Phänomen. Wie alle Süchtige bilden wir uns ein, die Kontrolle über unseren Konsum zu haben, aber die Rechnung machen wir ohne den Wirt! Wir spüren in der Regel nicht, wann es genau passiert, aber irgendwann stellen wir fest, dass wir uns auf einem verrückten Karussell befinden, das einfach nicht anhalten will….
Vor einigen Jahren fasste ich an einem Sommerabend den Entschluss, mir endlich meinen kleinen Traum zu erfüllen, mit dem Tango zu beginnen und recherchierte im Internet nach einer geeigneten Adresse für mich. Auf der Homepage meiner späteren Tangoschule las ich die scherzhafte Warnung: Vorsicht, Tango macht süchtig! Zumindest hielt ich sie damals für einen Scherz. Als erfahrene Hobbytänzerin lächelte ich belustigt über diese Aussage hinweg. „Gute Werbung!“, dachte ich mir. Zwar war mir aus eigener Erfahrung bewusst, wie viel Freude Paartanz generell bereiten kann, aber die Warnung nahm ich dennoch nicht so ganz ernst. – Das war ein Fehler. Die Macht des Tango hatte ich damals total unterschätzt.
Niemand hat diese Machtlosigkeit und den Sog dieser Welt so knapp und treffend in Worte gegossen wie Borges mit diesem Zitat. Ein wahrer Weltliterat. Dass ihm der Literatur-Nobelpreis verwehrt blieb, tut seinem Ruhm keinen Abbruch. Wie der Tango ist und bleibt Borges unsterblich.
