Mit den Wahlen in Griechenland vom 25. Juni zogen erstmals die „Spartiaten“ („Σπαρτιάτες“) in das Parlament ein und zwar mit immerhin 4,64 %. Es handelt sich dabei um eine kleine und bis dato kaum beachtete Partei, die 2017 gegründet wurde und deren Gesinnung rechts außen verortet wird.
Viele Bürger in Sparta sind überrascht und empört, sehen den Namen ihrer geliebten Gemeinde angesichts ihrer historischen Bedeutung und kulturellen Wurzeln als instrumentalisiert. Auf die echten Spartiaten sind sie nämlich sehr stolz. Diese waren die Vollbürger des antikes Spartas und verfügten über eine beispiellose militärische Ausbildung.
Das Sparta-Institut hat sich nun eilig mit einem Schreiben an den zugleich wiedergewählten Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis gewand und fordert eindringlich eine Änderung der Gesetzgebung, die sich auf das Verbot der Verwendung des Namens oder des Symbols einer Partei oder eines Zusammenschlusses kooperierender Parteien oder eines Zusammenschlusses unabhängiger Kandidaten oder Einzelkandidaten bezieht, dergestalt, dass regionale Gemeinschaften, insbesondere solche, die historisch und international anerkannt sind, vor der Aneignung ihres Namens durch eine politische Vereinigung geschützt werden.
Oder einfach gesagt: die Partei soll sich einen anderen Namen suchen. Die Spartiaten gehören den Spartanern, ist man sich in Sparta einig. (Und das jetzt dreimal schnell hintereinander sagen! :–))
Leider hat man zu spät Notiz von den selbsternannten Spartiaten genommen bzw. sie bis heute wohl nicht ernst genommen. Ein großer Fehler. Nun müssen die Einwohner, von denen sich viele stolz als Nachfahren des antiken Sparta verstehen, vorerst die Schmach über sich ergehen lassen und abwarten wie Athen auf das geforderte Verbot reagieren wird.

Der Ultramarathon gilt als beendet, wenn man die Füße der Statue berührt.
Die Identifikation mit Sparta durch faschistische Gruppierungen geht auf den Nationalsozialismus zurück. Die Nazis bewunderten die antiken Griechen und insbesondere die Spartaner. Allen voran Hermann Göring, welcher in seiner Rede von 1943 anlässlich des 10-jährigen Jubiläums der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler die anstehende Niederlage der 6. Armee in der Schlacht von Stalingrad mit dem Heldentod des Spartaners Leonidas verglich, der die Griechen in der Schlacht bei den Thermopylen gegen die Perser anführte. Wenn man jedoch überhaupt die Konstellationen miteinander vergleichen würde, dann wären die Deutschen angesichts ihrer expansiven Bestrebungen, Invasionen und ihres Traumes, die Welt dem Dritten Reich zu unterwerfen, eher die antiken Perser und die Russen wären in diesem Vergleich die Griechen. Denn auch wenn man das angesichts der aktuellen Ereignisse kaum ungestraft äußern darf, haben die Russen im Zweiten Weltkrieg für die Freiheit Europas faktisch viele Leben geopfert, ähnlich wie damals Leonidas und seine Elitetruppe sich für die Freiheit Griechenlands aufgeopfert hatte. Allerdings kann man das persische Volk angesichts seiner jahrtausenden alten Kulturgeschichte und Identität nicht wirklich mit dem Spießbürgertum vergleichen kann, welches den Nationalsozialismus hervorgebracht hat. Das nur am Rande.
Die Geschichte Spartas wurde für die Propagandazwecke der Nazis jedenfalls schlichtweg verdreht und umetikettiert. Aber bereits vier Jahre vor Görings Rede hatte Adolf Hitler selbst in einer Rede Sparta als „klarsten Rassenstaat der Geschichte“ geehrt. Aber schon lange vor den Nazis, seit der französischen Revolution, wurde Sparta und seine einzigartige und stark militärisch geprägte Geschichte als beliebtes Beispiel für heroischen Kampf und Opferbereitschaft verklärt.
Die Spartiaten waren, sind und bleiben dank ihres Mythos von Ehre, Loyalität und Opfertod auch lange nach ihrer Ära ein Paradebeispiel für Stärke und Männlichkeit und damit zweifelsohne hot. Durch den Film „300“ von 2006 mit Gerard Butler als König Leonidas bekam der Mythos erneut einen Boost. Dieses verzehrte Bild, das von den Spartiaten im Westen gezeichnet wurde, scheint im Laufe der letzten Jahre nun auf die griechische Gesellschaft zurückprojiziert worden zu sein und prägt offenbar das Selbstverständnis von Ultranationalisten. Da die Partei ihren Erfolg hauptsächlich ihrem beeindruckenden Namen zu verdanken hat, ist jedenfalls davon auszugehen, dass sie ihn nicht kampflos aufgeben wird.




